Gotland – eine Insel mit vielen Facetten

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Bei Fossilien Sammlern ist Gotland wegen der Vielfalt der Silurischen Fossilien bekannt.

Für Anfänger, welche noch keine Stücke aus diesen Schichten in ihrer Sammlung haben , ist es geradezu paradiesisch, auf Gotland zu sammeln.

An den Küsten, wo durch Verwitterung immer wieder neue Fossilien zu Tage treten, finden selbst diejenigen, die schon viele Male dort waren, immer wieder einmal ein Stück, das sie noch nicht in ihrer Sammlung haben oder aber nicht in so guter Erhaltung. Denn auch das muss man bedenken, wirklich gute Stücke sind hier, wie fast an jeder Fundstelle, selten.

Um nach Gotland zu gelangen, muss man einen langen Weg zurück legen, denn die Insel liegt weit im Norden vor der Schwedischen Küste. Es ist die dritt größte Ostseeinsel

Mit dem Auto kann man von Deutschland aus auf Autobahnen bzw. Autostraßen bequem bis Oskarshamn fahren und von dort mit der Fähre nach Visby übersetzen. Da man in Skandinavien nicht sehr schnell fahren darf, was besonders in Schweden engmaschig kontrolliert wird, bleibt genügend Zeit,  die nordischen Landschaften zu genießen.

In Dänemark sind das vor allem ausgedehnte Felder und die imposanten Brücken über den Lillebelt, Storebelt und Öresund mit weitem Blick über das Wasser, auf dem besonders in Küstennähe so manch ein Segler unterwegs ist.

In Schweden gefallen mir die kleinen Siedlungen aus bunt bemalten Holzhäusern an denen wir vorbei fahren. Hier führt die Straße auch häufiger durch bewaldete Gebiete und die Straße wird immer wieder von Felsen gesäumt.

Da die Stecke nicht in einem Tag zu schaffen ist, besuchen wir unterwegs, wie manch andere Gotland Reisende, zwei sehr bekannte Aufschlüsse. Zunächst die große Grube bei Ignaberga, in der schon seit vielen Jahren Material abgebaut wird.

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Abb.1: Kreidegrube bei Ignaberga

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Es sind Trümmerkalke der Oberkreide (Campanium) aufgeschlossen. Hier kann man mit Glück auch heute noch die kleinen Salenia areolata finden oder eine Platte mit Belemnellocamax mammilatus bergen, wenn gerade der richtige Horizont angeschnitten ist. Mit Glück findet sich einmal ein Haifischzahn, dazu Brachiopoden der Gattung Isocrania, diverse Muscheln, Astkorallen und Seeigelstacheln.

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Abb.2 ob. Reihe: Salenia areolata Wahlenberg 10mm, Crania antiqua, DEFRANCE, 1818 12mm, Scalpellum sp. 21mm

unt. Reihe: Echinogalerus peltiformis, Wahlenberg 1818  11mm, Isocrania barbata, (v. HAGENOW, 1842) 8mm, Coelosmilia sp. 15mm

 

Ignaberga_2 Abb.3: Belemnellocamax mammillatus, NILSSON, 1826 95mm 

Auch ein Abstecher zur kleinen Insel Ivö lohnt sich sehr. Vor Jahrzehnten wurde hier Kalk abgebaut, wobei sehr schöne Fossilien herauskamen. Berühmt sind besonders die Trisalenien, die sich noch in vielen alten Sammlungen befinden. Heute sind die alten Anlagen zugewachsen und keine Fossilien mehr zu bergen, aber ausgedehnte Buchenwälder laden zum Wandern und verweilen ein. 

Ivö_1Abb.4: Landschaft auf Ivö
eingeblendet die begehrte Trisalenia loveni
(COTTEAU) 22mm

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Abb.5: Überreste einer alten Anlegebrücke auf Ivö

Mit einer Fähre setzen wir dann von Oskarshamn zur Insel Gotland über. Die Entfernung beträgt ca. 90 km.

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Abb.6: Gotlandfähre

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Abb.7:  Blick auf Visby beim Einlaufen in den Hafen

Auf Gotland angekommen, empfinden wir sogleich die Ruhe die uns umfängt und die heitere Stimmung allenthalben. Das Klima ist sehr angenehm, die Luft trocken und sauber, was zur Folge hat, dass man sehr weit übers Wasser sehen kann.

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Abb.8: Küste bei Djauvik mit Blick auf die beiden vorgelagerten Inseln
Lillakarlsö und Storakarlsö (Naturschutzgebiete)

Gotland_4Abb.9:  Küste bei Djauvik, hier suchen wir im Wasser nach Brachiopoden.

GotlandAbb.10: Leptaena depressa, SOWERBY, 33mm 

Zum Sammeln wandern wir weite Strecken an den Küsten entlang.

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Abb. 11:  Was werden wir an dieser Küste finden?

An manchen Küsten kann man Felsen sehen, die fast nur aus Crinoiden-Stielgliedern bestehen.

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Abb.12: Crinoidenstielglieder, unten Crinoidenwurzeln

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Abb.13: Kelchbasis von Callicrinus sp. 20mm
Kelchbasen sind relativ selten aufzuspüren und noch seltener ganze Kelche.

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Abb.14: An fast jeder Küste bringt die Erosion immer neue Fossilien ans Tageslicht.

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Abb.15: Abb.  Mit Glück findet man einmal einen Trilobiten. Eingeblendet ein Calymene sp. 30mm 

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Abb.16:  Die meisten Trilobiten wurden in der Vergangenheit bei Ausschachtungsarbeiten am Hemsekanal gefunden.
Eingeblendet ein Calymene sp. 16mm

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Abb. 17 – 19: Die Küsten sind sehr unterschiedlich. Meistens kann man in flachem Geröll gehen aber manchmal versperren
Kliffabbrüche den Weg wie in Abb.18 und19  zu sehen.

 

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Abb.20: Schaut man von Kliff auf die Ostsee hinab sieht man an vielen Stellen den flachen Gesteinssockel, der sich rund um die Insel zieht. Eingeblendet eine Detailaufnahme von Wasserpflanzen.

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Abb.21: Bei Grogarnshuvud

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Abb.22: Bei Grogarnshuvud

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  Abb.23  Actinoceras sp. 109mm                                                          Abb.24: Euemphalopterus sp. 36mm 

Der Hammer bleibt immer im Rucksack (für Notfälle!) da es verboten ist, Werkzeug zu benutzen. Mancher Sammler mag auch bedauern, dass es absolut untersagt ist, Werkzeug beim Sammeln einzusetzen. Aber es liegt wirklich genug herum und wenn man viele Kilometer Küsten entlang wandert und sucht, wird man ganz sicher nicht mit leeren Händen nach Hause kommen. Vermutlich werden die meisten Sammler mehr mitbringen, als sie in absehbarer Zeit präparieren können.

Damit wären wir beim Präparieren.  Für die wenigsten Stücke reicht es, wenn man sie nur wäscht oder besser schrubbt. Das Gestein ist z.T. sehr hart und man muss ihm mit Hammer und Meißel  zu Leibe rücken, wenigstens zum Formatieren. Bei mergelhaltigem Gestein wird man mit Revoquad gute Ergebnisse erhalten und bei einigen lässt sich auch mit dem Sandstrahlen viel erreichen.  Geduld und Fleiß werden sich auszahlen.

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Abb.25 – 27: Präparierte Fossilien

 Ein Muss ist der Besuch von Küstenabschnitten, an denen es imposante Raukas zu bewundern gibt. Das sind frei stehende, z.T. bizarre Kalksäulen, die mehrere Meter hoch sein können. Sie entstanden, als sich der Meeresboden im Laufe von Millionen von Jahren langsam anhob und das umgebende weichere Material durch Erosion abgetragen wurde.

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Abb.28:  Raukas bei Ljugarn

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 Abb.29:  Raukas bei Ljugarn

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Abb.30: Raukas auf Farö

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Abb.31:  Rauka auf Farö

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Abb.32: Junge Eiderenten werden stets von mehreren Entenweibchen bewacht.
Man trifft sie an einsamen Küstenabschnitten an.

Selbstverständlich ist das Sammeln an den Stränden der Raukas verboten, denn sie liegen in Naturschutzgebieten. Trotzdem sollte man sich viel Zeit nehmen, dort herum zu wandern. Speziell auf Farö glaubt man sich in eine andere Welt versetzt und wundert sich, dass es hier noch Siedlungen gibt.

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Abb.33:  Küste auf Farö – Der kleine Regenpfeiffer ist zwischen den Steinen kaum zu sehen.

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Abb.34: Kleine Siedlung auf Farö an einsamer Küste

Weitere Naturschutzgebiete ermöglichen die Beobachtung von seltenen Vögeln. Wo kann man sonst z.B. den “Ziegenmelker” hören und sehen, Kraniche beobachten und viele verschiedene Reiher? Solche Refugien werden immer seltener.  Auch Singvögel gibt es dort in großer Zahl.

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Abb.35:  Steg durch das Naturschutzgebiet Storsund

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Abb.36: Storsund Nationalpark

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Abb.37: Storsund Nationalpark

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Abb.38: Kranich

Beim Durchqueren der Insel im Mai freuen wir uns über die vielen gelben Felder. Hier wetteifern Löwenzahnwiesen mit
Rapsfeldern um das intensivste Gelb. 

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Abb.39: Saftige Löwenzahnwiese

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Abb.40: Auf der ganzen Insel sind Frühlingsblumen zu sehen, Knabenkraut wächst an manchem Straßenrand.
Etliche der 35 Orchideen-Arten, die es auf Gotland noch gibt, findet man freilich nur noch in Naturschutzgebieten.

Kleine Häfen laden zum Verweilen ein und bieten dem Fotografen wunderbare Motive.

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Abb.41 – 44: Bei Lickershamn

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Abb.45:  Brandgans

Ein ganz anderes Gesicht zeigt die Insel im Inland. Hier sieht man neben landwirtschaftlich genutzten Flächen auch manches Ödland mit Koniferen und Kiefernwäldchen

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Abb.46: Karge Flächen im Inneren der Insel.

Dazwischen liegen fast überall mehr oder weniger viele Steine oder Felsbrocken.

Vorzeitliche Grabanlagen der besonderen Art zeugen von der Verwendung der Kalksteine schon zur Steinzeit. Auf Gotland gibt es eine Reihe sehr imposanter Schiffssetzungen. Das sind Grabanlagen, bei denen Felsen in Form von Schiffen angeordnet wurden.

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Abb.47 – 50: Verschiedene Gräberfelder

Andere Anlagen bestehen aus riesigen Aufschüttungen runder Steine zu einem Hügel.  An manchen Stellen wurden die Steine z.B. zu einem Labyrinth gelegt.  Man kann beim Durchstreifen der Insel noch 400 Runensteine, etliche Menhire, Bildsteine und Steinkisten aufspüren.

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Abb.51:   Runensteine

Früher gab es eine Reihe von Steinbrüchen, von denen heute aber nur noch wenige aktiv betrieben werden.

Die reichen Vorkommen an Kalkstein wurden auch im Mittelalter genutzt, z.B. zum Bau der Ringmauer in Visby und für Kirchen. 

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Abb.52: Stadtmauer in Visby

Im Mittelalter wurden etwa 100 Landkirchen auf Gotland errichtet, die man heute noch überwiegend besichtigen kann. Uns gefallen diese Kirchen sehr. Sie sind innen sehr schlicht gehalten in typischen nordischen Pastellfarben und verbreiten eine heitere, positive Atmosphäre.

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Abb.53: Kirche in Fröjel

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Abb.54: Kirchenschiff mit vielen frischen Blumen

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Abb.55 – 56: Details in der Kirche

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Abb.57:  Wehrkirche bei Stenkyrka

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Abb.58: Kirche auf Farö in der Abenddämmerung

All diese Sehenswürdigkeiten zeugen davon, dass Gotland schon seit langer Zeit besiedelt war. Es hat eine sehr bewegte Geschichte hinter sich. Wurde es doch schon von den Wikingern besiedelt, gehörte abwechselnd zu Dänemark und Schweden, ward von Seeräubern heimgesucht und als Standort der Hanse geschätzt. Von hier aus wurde schon früh Handel mit Russland betrieben.

Aus den guten Zeiten stammen auch die reichen Silberschätze, die noch heute alle paar Jahre gefunden werden. Erst im Jahre 2000 wurde einer der größten Schätze geborgen:  Die 3 Horte von Spillings, die ca. 65 kg Silber mit einem Wert von ca. 600.000 € enthielten. Der Schatz ist heute in Stockholm zu besichtigen. 

Viele Informationen über die frühen Kulturen auf Gotland erhält man im sehenswerten Freilichtmuseum von Bunge und im Museum “Gotlands Fornsal” in Visby. Aber auch unterwegs gibt es noch etliche Zeugnisse vergangener Zeiten wie Windmühlen und mit Seegras gedeckte Häuser zu entdecken.

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Abb.59: Windmühle auf Farö

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Abb.60: Stall im alten Stil errichtet, gedeckt mit Seegras und mit Hexenbesen am First.

Ein einziger Urlaub wird kaum ausreichen, um diese wunderbare Insel mit allen Facetten kennenzulernen. Ich kann mich dem Ausspruch der Gotländer wirklich anschließen, mit dem sie für ihre Insel werben:

En gang Gotland altid Gotland.

Weitere Fossilien-Fotos finden Sie unter der Rubrik Silur
Alle Landschaftsaufnahmen: Rainer Friedhoff

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