Wer hätte als Sammler nicht schon auf Börsen staunend vor den riesigen fossilen „Campanile“ aus dem Pariser Becken gestanden und davon geträumt, selbst einmal ein solches Prachtstück in seiner Sammlung zu haben.
Obwohl ich die Schnecken faszinierend finde, hat es mich nie gereizt, selbst einmal im Pariser Becken zu graben. Ich sehe die Chance auf eine große heile „Campanile“ als zu gering an, als dass ich dort tagelang schuften möchte.
Abbildungen1 und 2: Schilder am Haus des kleinen Museums.
Dann berichteten mir Sammlerfreunde von dem Museum in Fleury-la-Rivère. Im Frühjahr 2016 beschlossen wir darauf hin, während einer Frankreich-Reise endlich einmal in Fleury-la-Rivière vorbei zu fahren und uns das dortige Museum anzusehen.
Abbildungen 3 und 4: Straßenansicht des Museums
Von außen wirkt es eher unscheinbar. Es ist in einem Haus an der Durchgangsstraße zu finden, das sich auf den ersten Blick kaum von den anderen Häusern unterscheidet.
Abbildungen 5 und 6: In zwei relativ kleinen Fenstern sind einige Schnecken und Champagner-Flaschen ausgestellt und Schilder informieren über die Öffnungszeiten und Eintrittspreise.
Da die Führung erst nachmittags begann, hatten wir Zeit, uns in der Umgebung umzusehen.
Abbildung 7: Blick vom Waldrand zum Dorf
Ich kannte die Lage der Fundstellen nicht und so fuhren wir auf gut Glück durch die Weinberge hinauf auf die Anhöhe gegenüber dem Dorf. Hier fanden wir sehr schnell die “Grabungsstätten” der Sammler in dem lichten Wäldchen oberhalb der Weinberge. Manche waren schon länger nicht betreten, andere schienen erst gestern verlassen worden zu sein. An einer Stelle waren zwei Franzosen fleißig am Schaufeln und Sieben. Ich kratzte etwas Material vom Aushub zusammen und konnte zu Hause einige kleinere interessante Schnecken separieren. Zu meiner großen Freude fand ich im Kleinstmaterial auch 3 winzige Seeigel (Scutellina lenticularis, Lamarck) von maximal 5 mm.
Mir ist auch bekannt von 2 Sammlern, die im Jahr 2016 dort 2 große Campanile bergen konnten.
Abbildungen 8 bis 12: Heutige Fundstelle am Waldrand
Wir waren zur Nebensaison unterwegs und freuten uns, dass überhaupt eine Führung angeboten wurde, denn das Museum kann man nur mit Führung zu betreten.
Abbildungen 13 bis 15 : Durch einen geräumigen Innenhof geht man in die erste Etage, von wo aus man das Tunnelsystem des Museums betritt.
Da wir die einzigen Ausländer der Gruppe waren, wurde während der Führung nur französisch gesprochen. Aber wir bekamen eine Mappe mit deutschen Texten, in der wir vor Ort nachlesen konnten, was gerade erklärt wurde.
Der Inhaber Monsieur Patrice Legrand ist selbst seit langer Zeit Fossilien Sammler. Er war als junger Mann häufig in der Gegend, um Schnecken zu suchen und träumte davon, irgendwann eines der Häuser am Hang zu besitzen, um auf eigenem Grund zu schürfen. Mit Zielstrebigkeit hat er erreicht, eine passende Champagner-Kellerei kaufen zu können. So konnte er sich in mühevoller Arbeit in den Berg hinter dem Haus hinein arbeiten und das Museum erschaffen. Was wir dort während der Führung zu sehen bekamen war atemberaubend.
Zunächst ging es in einen kleinen Vorraum, in welchem wir alle Schutz-Überzüge für unsere Schuhe bekamen, damit sie nicht so einstauben.
Abbildung 16: Die Teilnehmer mit Schutz-Überzügen an den Füßen.
Dann betraten wir den ersten Stollen. Hier, wie in allen nachfolgenden Stollen , ist die Decke als Gewölbe gestaltet und genau wie die Wände Natur belassen, d.h. man sieht die Bearbeitungsspuren an den Wänden. In diesem Raum sind Fossilen aus allen Erdzeitaltern präsentiert: ausgesucht schöne Stücke hübsch auf runden Platten drapiert mit einer durchsichtigen Kuppel zum Schutz gegen Staub und Langfinger.
Abbildung 17: Blick in den ersten „Gewölbe-Raum“
Abbildungen 18 bis 21: Ausgesuchte Fossilien aus verschiedenen Erdzeitaltern.
Weiter ging es dann durch gut ausgeleuchtete Gewölbe mit vielen Nischen, in denen auf verschiedenste Art die Fossilien aus dem Aushub gezeigt werden. Vor allen Nischen sind großmaschige, aber sehr feine fast unsichtbare Netze zum Schutz gespannt. Die Präsentation und die Präparation aller Objekte ist einfach großartig!
Abbildungen 22 bis 24: Hübsch präsentierte Fossilien aus dem Cave.
Manchmal sind es kleine Stufen, die mit Schieferplatten ausgelegt sind, auf denen dann die Stücke sehr gut zur Geltung kommen, selbstverständlich alles gut beschriftet. An anderer Stelle sind große „Campanile“ zu bewundern, die in-situ belassen wurden
Abbildungen 25 bis 28 : Detailansichten aus den Gewölben
Abbildungen 29 bis 30: Campanile in Situ
Abbildung 31: Zur Veranschaulichung der Meeresbewohner gibt es einige Nischen mit modellierten, farbigen Tieren wie hier ein Haifisch.
An etlichen Stellen gucken auch Fossilien teilweise aus den Wänden oder der Decke heraus. Man mag sich gar nicht losreißen. Aber es geht immer weiter und weiter. Und fast am Ende des Rundgangs gibt es noch einen Blick auf großartige nicht zugängliche Bereiche mit unzähligen “Tischen” voller Schnecken.
Abbildung 33: Blick in weitere Gewölbe in denen noch mehr Schnecken präsentiert werden. Dieser Bereich ist z.Zt. nicht zugänglich.
An einer Stelle gibt es dann einen Raum mit einen Loch von acht Metern Höhe bis hinauf zur Erdoberfläche, welches zur Belüftung der Gänge angelegt wurde. In diesem Raum führt Monsieur Legrand vor, wie er mit einem Geologenhammer das Gestein abträgt und wie er vorsichtig einen guten Abstand zu größeren Schnecken hält, damit sie beim Bergen nicht zerbrechen.
Abbildungen 34 bis 37: Monsieur Patrice Legrand zeigt, wie man die Schnecken bergen kann, wenn man einmal eine entdeckt hat: Mit sehr großem Abstand zum Fossil die Matrix lösen, damit auch ja keine Spitze der empfindlichen Schnecken abbricht.
Da Fleury-la-Rivière in der Champagne liegt, gibt es auch noch Erläuterungen zum Champagner und Bilder, die demonstrieren, wie die Weinstöcke die Mineralien aus dem Boden holen und dadurch den weltberühmten Champagner-Geschmack hervorbringen.
Abbildungen 38 bis 39: Informationen zum Thema Champagner.
Als letzten Raum betraten wir die Werkstatt. sie ist eingerichtet für Studierende, die hier Material auslesen können, um Mikro-Fossilien zu separieren und sich mit der Präparation zu beschäftigen. Auch dieser Raum begeisterte uns. In dem ganzen Museum steckt sehr viel “Herzblut.
Abbildungen 40 bis 42: Die Werkstatt, in der Seminare für Studenten abgehalten werden.
Abbildungen 43 bis 44: Monsieur Legrand demonstriert die Präparation mit Hilfe von Schaber und Pinsel.
Abbildung 45: Literatur zur Bestimmung von Schnecken aus dem Pariser Becken.
Abgerundet wurde die Führung dann durch ein Gläschen Champagner für jeden Teilnehmer und natürlich konnte man auch Champagner kaufen.
Abbildungen 46 bis 48: Champagner zum Ende der Führung
Ich kann den Besuch dieses Museums wirklich sehr empfehlen.
Fotos Heidi und Rainer Friedhoff
Literatur: Folgendes Büchlein in französischer Sprache und mit vielen Abbildungen ist im Cave aux Coquillages erhältlich:
Thierry Dupin
Le Lutétien moyen
Le Tuffeau de Damery et les fossiles de Fleury-la-Rivière