Mill – eine ehemalige Fundstelle für Haifischzähne

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Bis vor einigen Jahren gab es in Holland eine Fundstelle im Miozän/Pliozän mit hervorragenden Sammel-Möglichkeiten für fossile Zähne in außergewöhnlich guter Qualität.

Es handelt sich um die Lokalität, die allgemein als „Mill“ bezeichnet wird nach dem kleinen Ort, in dessen Nähe sie sich befindet.

Von Ende September bis Anfang Mai wurde hier Sand aus einem nahe gelegenen Baggersee aufgespült.

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Abbildung 1: Zähne und Knochen, die ich in Mill fand

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 Abbildung 2 und 3: Einer der alten Baggerseen in der Umgebung von Mill. Eingeblendet die selbst bebaute Karre eines Sammlers zum Bergen von Zähnen und Knochen.

 

Das Verfahren ist genau so wie in Kallo: Ein Saugbagger saugt den Sand vom Grund auf und drückt ihn durch dicke Rohre auf eine vorbereitete Fläche. Hier lagert sich Schicht um Schicht der Sand ab, während das Wasser geregelt abfließt.

Wenn aus dem dicken Rohr ein Wasserstrahl aus einigen Metern Höhe auf die Fläche traf, bildete sich darunter ein kleiner Teich von ca. 15 m Durchmesser. Das war die Stelle, an der die Sammler fündig wurden. Allerdings mussten sie dafür tüchtig arbeiten.

In den Teich wurde nämlich nicht nur Wasser mit Sand gespült, sondern auch viele Steine und mit diesen gelangten dann auch fossile Zähne und Knochen dort hin. Um dieses Konglomerat aus Sand, Steinen und Fossilien zu bergen, konnte man leider nicht ganz in den kleinen Teich waten, denn er war zu tief und außerdem durfte man ja nicht selbst unter den Strahl geraten.

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Abbildung  4: Ein Sammler bei der schweren Arbeit im Teich. Er muss aufpassen, dass er nicht zu dicht an den Strahl gelangt, der den Schlamm mit Wucht aus dem Rohr presst.

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 Abbildung 5: Man sieht, dass der Teich und die Stelle, an der man Fossilien bergen konnte nur relativ klein war

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Abbildungen 6 bis 8: Wenn sich mehrere Sammler gleichzeitig in das schlammige Wasser drängten, wurde es manchmal eng.

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Abbildungen 9 und 10: Wurde der Strahl abgestellt, musste man sofort ins Wasser, weil dieses ganz schnell versickerte. Die beste Ausbeute gab es allerdings, wenn gespült wurde.

Findige Sammler haben sich die unterschiedlichsten Gefährte gebastelt: Zweirädrige Wägelchen mit einem möglichst langen Griff und einer durchlässigen, flachen Kiste darauf, die gut befestigt sein musste. Boden und Seitenteile der Kiste bestanden meistens aus Maschendraht, der nicht zu weit sein durfte, damit nicht alle Zähne wieder hinausgespült wurden. Brotkisten vom Bäcker taten auch gute Dienste, obwohl sie nicht besonders groß sind. Schob man nun dieses Wägelchen in den Teich unter den Wasserstrahl, füllte er sich alsbald mit Sand und Steinen und musste unter ziemlicher Anstrengung zunächst etwas geruckelt werden, damit der Sand ausgewaschen wurde, und dann an Land gezogen. Ein paar Meter vom Teich entfernt wurde das Ganze dann ausgekippt und mit Hilfe einer kleinen Harke auf Zähne und Knochen untersucht.

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Abbildungen 11 bis 14: Der Arbeitsablauf bei der Suche: Die Karre möglichst nahe am Strahl  ins Wasser tauchen, die schwere Fracht herausziehen, einen halbwegs trockenen Platz suchen, um sie auszukippen und dann alles mit einer kleinen Harke durchsuchen.

Wenn es windig war, blieb es nicht aus, dass vom Spülstrahl Wasser und Sand durch die Luft getrieben wurden und die Sammler sehr schnell eingesandet waren. Natürlich trug man Gummistiefel und Regenzeug, das man am Ende eines Sammeltages im Baggersee abwaschen konnte. Ein Problem ergab sich für Brillenträger, weil sich ja auch auf der Brille der feuchte Sand niederschlug. Hier half eine kleine Sprühflasche mit klarem Wasser, damit man die Gläser nicht durch wischen verkratzte.

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Abbildung 15: Während einige Sammler mit ihren Karren Material “fördern”, sind andere mit dem Auslesen auf hoch gestellten Sieben beschäftigt, was den Rücken schont.

Von Zeit zu Zeit musste der Sammel-Betrieb unterbrochen werden, weil dann ein Schaufellader kam, um Sand zur Seite zu schieben und für guten Wasserabfluss zu sorgen. Schnell mussten dann alle Utensilien der Sammler auf den Wall geschafft werden, der die Spülfläche umgab.

Das hat immer gut geklappt, denn das Sammeln wurde seit langem ohne jede Genehmigung geduldet. 

Im Sommer wurde der Baggersee als Badesee genutzt und der Saugbagger-Betrieb eingestellt. Man konnte dann auf die Spülfläche gehen und dort, wo der kleine Teich war, in einem Umkreis von ca. 15 Metern den Sand sieben. Da das eine begrenzte Fläche war, welche Funde versprach, lohnte es sich nicht, eine weite Fahrt dafür anzutreten. Denn natürlich haben die Sammler vor Ort dort kurze Zeit nach Stilllegung der Spülung diesen Sand durchgearbeitet.

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Abbildungen 16 bis 19: Schon kurze Zeit nach Stilllegung des Spülrohres war die Fund trächtige Schicht durchwühlt.

Um eine gute Ausbeute zu haben, musste man also einen gehörigen Aufwand betreiben. Aber die Qualität der Zähne und die Vielfalt der Fossilien rechtfertigten diesen Einsatz.

Zu finden waren unter anderem folgende Selachier Fossilien:

Carcharias voraxSqualus alsaticus
Galeocerdo aduncusRaja sp. (male)
Lamna nasusRaja sp. (female)
Cosmopolitodus hastalisDasyatis sp.
Cosmopolitodus escheriGaleorhinus sp.
Notorhynchus primigeniusDeania sp.
Isurus retroflexusRhinoptera sp.
Somniosus microcephalusCarcharocles megalodon
Cetorhinus maximus (Riesehai)Carcharhinus priscus
Squatina subserrataIsurus oxyrinchus
Scyliorhinus stellarisParatodus benedeni
Pristiophorus sp. 
  

Die Mollusken-Fauna umfasst nach derzeitigem Stand 191 Arten, die Crustaceer-Fauna 
9 Arten, die Teleostier-Fauna 30 Arten, die Vogel-Fauna 35 Arten (die Bearbeitung erfolgt
durch Erik Wijnker; er hat mehr als 600 Knochen und andere Teile von insgesamt 35 Spezies
zusammengetragen), die Wale und Delphine sind durch 20 Arten vertreten, die Seehunde durch
4 Arten; die Walrösser mit einer Art.

Nachfolgend zeige ich einige Stücke aus meiner Sammlung:

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Abbildung 20: Schnecken-Steinkern, teils mit Schalenresten. Von links nach rechts hoch zwei naticide Gehäuse (2,6 und 2,4cm), eine Xenophora (3,8 cm) und möglicherweise ein hochgewundener Conus (2,9 cm).

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Abbildung 21: Lateralzähne von Cosmopolitodus hastalis. Linkes Exemplar 6,9 cm, rechtes Exemplar 3,4 cm. Die Lingual-Ansicht (links) des linken Zahnes zeigt eine eigenartige Missbildung, möglicherweise die Überwachsung eines irgendwie am Zahn haften gebliebenen stabförmigen Objektes.

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Abbildung 22:  Notorhynchus primigenius. Links ein Zahn knapp neben der Symphyse, 1,8 cm. Rechts ein Lateralzahn, dem zwar Wurzelbereiche fehlen, der aber eine optimale Schmelzerhaltung aufweist, 2,6 cm.

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Abbildung 23: Diverse Selachier-Hautzähne (Raja cf. clavata), maximal 2,3 cm.

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Abbildung 24:  Fischwirbel; 1,8 cm

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Abbildungen 25 bis 28: Diverse Fossilien. Links oben ein Kiemenreusen-Zahn von Cetorhynus maximus; 1,3 cm. Rechts oben eine Panzerplatte;  5,4 cm. Links unten ein Wirbel; 9,2 cm. Rechts unten ein Seehund-Zahn; 4,5 cm.

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Abbildungen 29 und 30:  Zwei Knochen (Bulla tympanica) aus dem Ohr von Meeressäugern, links von einem Delphin (2,6 und 2,8 cm), rechts von einem Wal (8,7 cm). 

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Abbildung 31: oben Schlüsselbein cf. Melanogrmmus conjunctus (4,1 cm) , unten Rippe vom Wal (?) (17,3 cm).

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 Abbildungen 32 bis 37: Diverse Wirbelknochen von Meeres-Säugern. Maximalmaße 2,4 cm – 5,8 cm – 3,7 cm – 6,7 cm – 3,6 cm – 13,3 cm (Wal).

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Abbildung 38:  Diverse Knochen, mit hoher Wahrscheinlichkeit Vogelknochen. Das linke Exemplar misst 7,7 cm.

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Abbildung 39: Nach getaner Arbeit konnte man sich in der idyllischen Landschaft der Umgebung erholen und hoffentlich über gute Funde freuen.

Alle Landschaftsfotos Rainer Friedhoff 

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